Volkswagen
VW K70 LS
Ein metallic-blauer Volkswagen K70 LS mit unheimlich viel PS. Na ja, es waren 100 um
genau zu sein, aber für einen Fahranfänger waren das verdammt viele Pferdchen. Gekauft von
Papa und mir für 1000.- DM von einem Gartenfreund.
Baujahr war glaube ich 1970, also ne alte Karre mit viel Rost und defekter Kupplung. Die
Kupplung konnte ich aber bei diesem Auto innerhalb einer Stunde noch selber wechseln, ohne
Hebebühne oder Grube: Deckel an der Getriebeglocke auf, Sägering entfernen, die
Antriebswelle ins Getriebe zurückschieben und die Kupplungsscheibe rausnehmen.
Dann Zusammenbau in umgekehrter Reihenfolge. Und fertig!
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Leider hatte der nette Gartenfreund uns den Ventilschaden verschwiegen: "der Motor rasselt und klappert ein bisschen, aber das macht er schon immer. Das ist normal...".
Dass es nicht normal war, bekam ich dann schon bald zu spüren.
Auf einer schönen Ausfahrt durch den Elm und den Lappwald fuhr ich zusammen mit einer Freundin gerade zwischen Wolfsburg und Königslutter durch Klein Steimke, hielt den Kopf aus dem Fenster und sagte zu Gabriele: "Der wird immer lauter, hört sich an wie ein Trecker". Ich hatte noch gar nicht ganz ausgesprochen, als es einen lauten Knall tat und der Motor seinen Geist aufgab. Später stellte sich dann heraus, dass ein Ventil abgerissen war. Dieses blockierte einen Kolben im Zylinder, worauf ein Pleuel abriss. Der Pleuelfuss durchschlug die Motorwand und wir zogen eine Ölspur hinter uns her. Das war das Ende meines ersten eigenen Autos. Muttern schleppte uns dann mit ihrem alten Ford Taunus 17 M Kombi ab, wobei die Kupplung des Fords auch noch anfing zu qualmen. Immerhin hatte er das für damalige Verhältnisse hohe Gewicht von 1060 Kg zu ziehen.
Das ist jetzt über 30 Jahre her und kaum jemand kann mit der Bezeichnung VW K70 etwas anfangen.
Daher hier mal ein wenig Geschichte:
Entwicklung bei NSU
Nach einem Vorstandsbeschluss der NSU Motorenwerke AG begann am 12. Januar 1965 unter der Leitung von NSU-Entwicklungschef Ewald Praxl und dem späteren Leiter der Designabteilung Claus Luthe die Entwicklung einer Limousine mit Stufenheck und vier Türen sowie einer Kombi-Version mit drei Türen, die den größeren NSU Ro 80 ergänzen sollten. Am 30. Juli 1965 war der Entwurf zunächst für den Kombi fertig (entgegen der Planung mit vier Türen) und wurde in den Werksakten unter der Arbeitsbezeichnung "Typ X I" geführt. Aufgrund einer absehbaren Trendverlagerung fertigte NSU im Oktober 1965 eine sogenannte Fastback-Karosserie auf Basis des NSU Typ 110 bzw. NSU 1200 mit der Arbeitsbezeichnung Studie 77 I an. Gleichzeitig sollte ein Nachfolger dieses Typ 77 entstehen, der "Typ X II" mit zwei Türen, Frontmotor und Frontantrieb. Parallel zu dieser Entwicklung arbeiteten die NSU-Designer am neuen Modell "Typ X III" bzw. K 70. ("K" stand für Kolben bzw. Hubkolben im Gegensatz zu "Ro" für Rotationskolben im NSU Ro 80 mit Wankelmotor.)
Gebaut von VW im neuen Werk Salzgitter
Die Vorstellung des K 70 war für März 1969 anlässlich des Internationalen Automobilsalons in Genf geplant. Kurz vorher wurde die NSU AG von VW übernommen und die Vorstellung in Genf abgesagt, der K 70 wäre eine hauseigene Konkurrenz zum damals ebenfalls neuen Audi 100 gewesen. Proteste potenzieller Käufer gegen den Rückzug dieses Autos waren Anlass, die Entscheidung zu revidieren und
den Wagen als VW auf den Markt zu bringen. Im Herbst 1970 wurde er nach geringfügigen Veränderungen als VW K 70 vorgestellt und im neu errichteten Werk Salzgitter gebaut. Die bereits fertig entworfene Kombiversion wurde jedoch nicht weiterverfolgt, um dem hauseigenen VW 411 Variant keine Konkurrenz zu machen. Der K 70 setzte neue Maßstäbe bei VW. So war das Platzangebot dieser ausschließlich 4-türigen Limousine nicht nur im Vergleich zum VW Käfer oder VW 1600 außerordentlich großzügig, sondern auch größer als im preislich vergleichbaren ca. 7 cm längeren VW 411. Es gab einen großen Kofferraum im Heck (Rauminhalt 585 Liter, gemessen mit Quadern von je 200 x 100 x 50 mm), die Rundumsicht war wegen der großen Fensterflächen sehr gut und Einparkmanöver fielen leicht, weil die "Ecken" der Karosserie dank der relativ hohen Sitzposition ebenfalls gut zu sehen waren. Die Heizung des wassergekühlten K 70 war ungleich wirksamer als die der VW-Modelle mit luftgekühltem Heckmotor.
Richtungweisendes Konzept
Das technische Konzept mit wassergekühltem Frontmotor und Frontantrieb setzte sich bei VW wenige Jahre später (ab 1973 VW Passat und ab 1974 VW Golf I) endgültig und millionenfach durch. Eins der besonderen technischen Merkmale des K 70 (VW intern: Typ 48) war - wie schon beim Ro 80 - eine Zweikreisbremsanlage mit innen bzw. neben dem Motorgehäuse liegenden Bremsscheiben vorn (bei dem Citroën DS gab es das allerdings schon 15 Jahre früher), die die ungefederten Massen verringerten, andererseits aber Wartungsarbeiten erschwerten. Hinten waren Trommelbremsen mit einer Radialverrippung zur Wärmeableitung eingebaut. Zur passiven Sicherheit hatte der Wagen eine abgewinkelte Lenksäule; der Tank lag im geschützten Bereich unterhalb der Fahrgastzelle vor der Hinterachse. Die Motorhaube war zur Verbesserung der Crashsicherheit vorn angeschlagen. Sicherheitsgurte kosteten Aufpreis; die Schraubanschlüsse für Gurte waren jedoch serienmäßig vorhanden.
Der Motor (nach rechts geneigt) und das Differenzial mit Getriebe waren übereinander angeordnet, sodass die Antriebseinheit über der Vorderachse platziert werden konnte, um eine möglichst günstige Gewichtsverteilung zu erzielen. Außerdem ermöglichte es diese Bauweise, Kupplung und Getriebe unabhängig vom Motor auszubauen.
Es gab den K 70 mit 1,6-Liter-Motoren und einer Leistung von 55 kW (75 PS) bzw. 66 kW (90 PS) sowie ab 1973 (K 70 S/LS) mit 1,8 Liter Hubraum und 74 kW (100 PS). Die vom Motor des NSU 1200 abgeleiteten Aggregate mit 1,6 Liter hatten eine fünffach gelagerte Kurbelwelle und eine oben liegende Nockenwelle mit Kettenantrieb. Eine Weiterentwicklung von VW war das später angebotene 1,8-l-Triebwerk. Nach dem Produktionsauslauf des K 70 wurde der Motor nicht mehr weiterentwickelt - die Motoren in Passat, Scirocco,
Golf und Polo waren übernahmen bzw. Ableitungen von Audi-Motoren. Der 75-PS-Motor des K 70 konnte mit Normalbenzin betrieben werden, hatte allerdings einen hohen Verbrauch. Die stärkere Version mit 90 PS und der 1,8-Liter-Motor brauchten Superbenzin, hatten bessere Fahrleistungen, verbrauchten aber - bedingt durch ein für damalige Maßstäbe relativ hohes Fahrzeuggewicht (1060 kg leer) und die kantige Form der Frontpartie - ebenfalls viel Kraftstoff. In einem Test des K 70 mit 90-PS-1,6-Liter-Motor wurden im Durchschnitt 12,5 l/100 km ermittelt (Oktober 1970); Höchstgeschwindigkeit 159 km/h. Ein späterer Test (Dezember 1970) ergab einen Durchschnittsverbrauch von 14,1 l/100 km, der möglicherweise auf eine nicht optimale Einstellung des Solex-Doppelvergasers zurückzuführen war.
Zwischen August 1970 bis zum Ende der Produktion im Februar 1975 wurden 211.127 Stück hergestellt. Aufgrund seines "Sonderstatus" innerhalb der Modellfamilie (kaum Gleichteile zu anderen Fahrzeugen) war die Herstellung unrentabel geworden. Es gab kein offizielles Nachfolgemodell (der Passat rangierte eine Klasse darunter und war der Nachfolger des VW 1600).
Quelle: http://de.academic.ru/dic.nsf/dewiki/1446056 |
Also kam der K70 zum Schrotti, der mir für kleines Geld auch gleich noch einen anderen Wagen anbot, einen 1967er VW Käfer 1200.